"Murder at the Moonshine Mansion" ist ein wunderbares und sehr stimmungsvolles Adventure!
Da ich Fan von "Maniac Mansion", "The Colonel's Bequest", Agatha Christie und Sherlock Holmes bin, hatte ich von Anfang an das Gefühl, das Spiel sei extra für mich gemacht worden. Und zwar mit sehr viel Liebe zum Detail.
Nach dem deutlich vom "Colonel's Bequest" inspirierten Intro bringen einen die toll ausgearbeiteten Charaktere und ein wunderbar designtes Landhaus sofort in die richtige Stimmung. Der eigentliche Charme des Spiels liegt in der atmosphärischen Story und für die gibt's schon mal 99 Punkte. Und zwar gerade weil es sowas schon 100 mal gegeben hat. Abgelegenes Landhaus, ein Sturm zieht auf, der Butler verhält sich merkwürdig, Testamentseröffnung, Mord! Und ich verrate wohl nicht zu viel, wenn ich sage, dass es natürlich das gibt, was die Herzen eines jeden Kindes oder Adventure-Spielers in die Höhe springen lässt: Geheimtüren!
Normalerweise mag ich keine all zu langen Dialoge in Adventures, aber hier finde ich die Gespräche wirklich interessant, da jeder Charakter direkt einem alten Kriminalroman zu entsprungen sein scheint. Außerdem sind die Dialoge liebe- und detailvoll geschrieben. Jede Figur hat einen eigenen Charakter und eine eigene Meinung. Dennoch hat das Adventure einen mehr oder weniger geradlinigen und puzzleorientierten Aufbau, was dem Spielablauf sehr entgegen kommt. An einigen Rätseln kann man zwar parallel knobeln, die allgemeine Handlung wird aber immer in derselben chronologischen Reihenfolge ablaufen.
Nun ist dies die erste Maniac-Mansion-Mania-Episode, mit der ich mich wirklich intensiv beschäftigt habe, deshalb weiss ich nicht, in wie weit einige der Neuerungen hier wirklich neu sind. Sehr gut gefallen haben mir z.B. die Pfeile auf dem Fussboden, mit denen weitere Ausgänge angezeigt wurden. So ist es problemlos möglich, die Eingangshalle auf zwei Bildschirme zu verteilen. Das habe ich in dieser Form bisher noch nicht gesehen. Die Anordnung der Räume scheint mir auch sehr logisch zu sein, bei der Maniac-Mansion-Villa hatte ich da immer meine Probleme.
Minispiele mag ich übrigens nicht besonders, aber hier waren sie gut ins Spiel integriert und mit ein wenig nachdenken (oder googlen) zu lösen. Denn nichts ist schlimmer als ein Minispiel, dass nicht zum eigentlichen Spiel passt und mich außerdem auch noch am weiterspielen hindert. Großes Lob übrigens auch für das Familienalbum, dass zwar nicht so viel zum Spiel beiträgt, aber eben sehr viel zur richtigen Stimmung.
Übrigens: Selbst die Auflösung (also die des Rätsels, nicht der Grafik) ist nicht schlecht gelungen und alles andere als an den Haaren herbeigezogen. Denn bei vielen Büchern, Fernsehkrimis und auch Adventures verspricht das Rätsel mehr als die Auflösung halten kann.
Was ist zur Grafik zu sagen? Fängt richtig schön den Geist des alten Maniac Mansion ein und bringt dennoch viele kleine Verbesserungen. Allerdings weiss ich auch hier nicht, was davon extra für dieses Adventure erstellt wurde und was bereits in anderen Mania-Episoden zum Einsatz kam. Dass vieles "abgekupfert" wurde wird sogar noch nett angedeutet ("Das hiesige Möbelhaus hat nicht viel Auswahl"). So wie es übrigens eine ganze Menge Andeutungen gibt, allein die im Haus verteilten Bilder sind ein kleiner Ausflug durch 30 Jahre Computerspielgeschichte.
Und dann sind da noch die Charaktere. Herrlich! Vom Hausmädchen über den Butler bis zum Hausarzt (da passt Dr. Fred wirklich gut rein): Alle da. Naja der Gärtner fehlt, aber sonst sind alle da. Wirklich toll, nicht nur die Sprites, sondern auch die jeweils dazu passende Hintergrundgeschichte. Da passt es auch richtig gut, dass mit Wendy eine Schriftstellerin im Stile Laura Bows als Hauptfigur zur Verfügung steht.
Die Musik und Soundeffekte sind gut und unaufdringlich, so wie sie meiner Ansicht nach sein müssen.
Nachdem ich das Adventure nun einmal recht schnell durchgespielt habe, werde ich es auf jeden Fall noch einmal spielen und dabei mehr auf die Details achten.
Die Gesamtwertung liegt natürlich im oberen Bereich. Ein bisschen Luft nach oben ist aber immer.
Als Hauptkritikpunkt habe ich das "Buddelschiff-Rätsel" ausgemacht, das ich aus purer Verzweiflung durch bloßes rumprobieren lösen konnte. Dafür
habe ich übrigens einen Verbesserungsvorschlag für den "Director's Cut", den ich hier einmal als Spoiler mit angeben möchte.
Dem gegenüber stehen aber auch eine Reihe von ziemlich guten und aussergewöhnlichen Rätseln, die für ein Fanadventure wirklich sehr, sehr gut sind. Mein persönlicher Favorit gilt dem "Wie bekomme ich das Licht an?"-Rätsel: Es ist außergewöhnlich, es muss um die Ecke gedacht werden und es ist trotzdem völlig logisch!
Meine persönliche Gesamtwertung: 90%